Die Lebensdauer von Produkten unterscheidet sich stark: Die neueste Ausgabe einer Zeitschrift ist im Durchschnitt wenige Tage bis hin zu einigen Wochen aktuell. Bücher werden im Allgemeinen einige Monate nachgefragt, bevor sie an Relevanz verlieren. Unterhaltungselektronik wie Smartphones und Flachbildschirme verkaufen sich maximal ein paar Jahre.
All diesen Dingen gemeinsam ist der kurze Lebenszyklus. Das Interesse an den genannten Produkten ist meist zur Veröffentlichung oder kurz danach auf dem Höhepunkt. Dann sinkt die Nachfrage, zuweilen drastisch, und geht völlig zurück, bis das Produkt seine Relevanz verliert oder ein neuerer Artikel verfügbar ist. Diese sich stark verändernden Nachfragemuster erschweren die Prognostizierung des Absatzes für Produkte mit kurzer Lebensdauer.
In diesem Whitepaper wird betrachtet, warum sich der Absatz solch kurzlebiger Produkte nicht allein auf Grundlage ihrer Verkaufsdaten prognostizieren lässt. Es wird zudem gezeigt, welch exakte Prognosen sich für diese Produkte treffen lassen, wenn statistische Modellierung eingesetzt wird, die Daten vorangegangener Produkteinführungen nutzt.
Produkte mit kurzem Lebenszyklus sind schwer zu prognostizieren
Stellen Sie sich Folgendes vor: Ein neuer Harry Potter-Band wurde angekündigt und Ihre Aufgabe ist es, den Absatz zu prognostizieren. In der ersten Woche verkauft Ihr Buchladen 1.000 Exemplare. Würde nur diese Information genutzt, würde die Annahme logischerweise lauten, dass in der kommenden Woche die Nachfrage wieder 1.000 Exemplare beträgt – richtig? In der Praxis wäre diese Prognose viel zu hoch, da viele Fans der Reihe das Buch gleich in der ersten Woche gekauft hätten. In der zweiten Verkaufswoche wären deshalb weniger Käufer zu verzeichnen.
Nun wird angenommen, dass der Absatz in der zweiten Woche 500 Exemplare beträgt. Auf Grundlage der ersten beiden Verkaufswochen sollte eine logische Prognose der dritten, vierten und der sich anschließenden Wochen nun der folgenden Sequenz entsprechen: 1.000, 500, … bis hin zu null Exemplaren! Dieser Ansatz führt natürlich zu einer viel zu niedrigen Prognose (siehe Abbildung 1: grafische Darstellung der beiden Prognoseansätze verglichen mit dem tatsächlichen
Es ist also deutlich erkennbar, dass die Absatzprognostizierung kurzlebiger Produkte ausschließlich auf Grundlage ihrer eigenen Verkaufsdaten nicht sinnvoll ist.
Viel genauere Prognosen lassen sich durch Verkaufsprofile erstellen – also durch den Blick auf die Verteilung der Verkäufe in den Wochen nach der Produkteinführung. Diese Profile werden auf Basis der historischen Absatzmuster ähnlicher Produkte bestimmt. Auf das obige Beispiel angewendet, lässt sich der Umsatzeinbruch von Woche eins auf Woche zwei und selbst die Verkäufe über den gesamten Lebenszyklus des Buchs hinweg basierend auf den Absatzmustern voriger Harry Potter-Bücher prognostizieren.
Optimale Absatzprognosen für Produkte mit kurzem Lebenszyklus
Es gibt viele Wege, ein Lebenszyklusprofil auf Grundlage historischer Absatzdaten zu bestimmen. Zu Beginn die offensichtlichste Lösung: Zunächst wird das durchschnittliche Lebenszyklusprofil auf Basis der vergangenen Verkäufe ähnlicher Produkte berechnet; dieser Durchschnitt wird dann für die Prognose des Absatzes neuer Produkte angewendet. Leider führt auch dieser Ansatz bei Echtdaten aus dem Einzelhandel nicht zum Erfolg, da er eine zufällige Variation im Verkaufsprofil erzeugt, welche die Prognosegenauigkeit negativ beeinflusst (siehe Abbildung 2). Darüber hinaus sind Disponenten verunsichert, wenn Prognosen scheinbar willkürlich ansteigen und abfallen.
Nur durch eine intelligente Modellierung, die Erfahrungswerte über die Form eines Verkaufsprofils gut verwertet, werden optimale Ergebnisse erreicht.
Die Forschung von RELEX zeigt, dass die Form eines Lebenszyklusprofils mit Hilfe von Differentialgleichungen erfasst werden kann. Dies steht unter der Prämisse, dass kurzlebige Produkte ein feststehendes Marktpotenzial besitzen. Daraus leitet sich ab, dass die Anzahl potenzieller Käufer (und somit auch die Verkaufsrate zum Ende des Lebenszyklus) abnehmen wird, da sich dieses Potenzial aufbraucht. Wird diese Überlegung mathematisch ausgedrückt, ergibt sich eine Differentialgleichung, die durch eine abnehmende Exponentialfunktion gelöst wird. Diese einfache Kurve erfasst die allgemeine Form vieler Lebenszyklusprofile ziemlich gut.
Das Modell wird flexibler und lässt sich universal auf echte Lebenszyklusformen anwenden, wenn wir davon ausgehen, dass die Kunden, die das Produkt bereits gekauft haben, es ihren Freunden oder Followern in den sozialen Medien empfehlen – den „Nachahmern“. Die Verkaufskurve, die sich daraus ergibt (siehe Abbildung 3), entspricht dem Bass-Diffusionsmodell.
Erfolgreich in der Praxis getestet
Das von RELEX angewandte Prognosemodell für Lebenszyklusprofile bestimmt die Form des Lebenszyklus eines neuen Produkts basierend auf den bereits vollendeten Lebenszyklen ähnlicher Produkte. Dieses Profil wird für die Absatzprognose des neuen Produkts verwendet.
Diese Lebenszyklusprofile wurden anhand einer Vielzahl von Produktkategorien von Mode über Bücher validiert und führen zu exzellenten Ergebnissen. Abbildung 4 zeigt das Prognosemodell in Aktion. Im dargestellten Fall wurde eine komplette Lebenszyklusprognose für ein Produkt berechnet, bevor dieses gelauncht wurde.
Durch intelligente Modellbildung erbringt dieser Ansatz zuverlässige Prognosen – selbst, wenn nur geringe Mengen historischer Absatzdaten vorhanden sind. RELEX’ In-Memory-Datenbank beschleunigt sowohl die Modellanpassung als auch die Prognostizierung selbst. So werden unübertroffen schnell präzise Prognosen erzeugt – nicht nur für Produkte mit kurzem Lebenszyklus.
Quellenverzeichnis:
- Mit wetterbasierten Prognosen fällt die Supply-Chain-Planung nicht ins Wasser
- Präzisere Absatzprognosen durch Einbezug von Kannibalisierung und Halo-Effekten
- Entscheidungstheorie und pragmatische KI im Einzelhandel
- Create meaningful forecasts for new products
- In 4 Schritten zu besserem Kampagnenmanagement