Das reibungslose Einkaufserlebnis und die neue LEH-Supply-Chain
Sep 7, 2020 • 3 minDer Begriff „Frictionless Retail“ (dt. „reibungsloses Einkaufserlebnis“) wird für gewöhnlich für eine Customer-Journey verwendet, die möglichst bequem und reibungsfrei verläuft. Die Bedeutung variiert jedoch von Gespräch zu Gespräch. Je nach Kontext kann damit Blockchain-Technologie gemeint sein, das Internet der Dinge, Click-and-Collect-Services, Lieferungen nach Hause, Fertiggerichte oder Onlineshops und stationäre Filialen ohne Checkout. All diese Elemente – und weitere – können kombiniert unter diesen Begriff fallen.
Die Konzepte des reibungslosen Einkaufserlebnisses im Lebensmitteleinzelhandel verbindet vor allem eines: Ein neues Verständnis davon, was es bedeutet, einen Supermarkt zu betreiben. Noch vor einem Jahrzehnt war es kaum vorstellbar, dass smarte Kühlschränke einen Alarm über Temperaturschwankungen auslösen oder Roboter in Supermarktgängen patrouillieren und diese auf Gefahren und Stockouts untersuchen. Doch abseits dieser greifbaren technischen Innovationen hat sich ein fundamentaler Wandel in der Arbeitsweise der Lebensmitteleinzelhändler vollzogen: Die Zeiten des rein intuitiven Vorgehens sind der Ära der Datenanalytik gewichen.
Mit Daten die Performance aller Geschäftsbereiche verbinden und optimieren
Zwar wird Datenanalytik zunehmend für die Entscheidungsfindung im LEH eingesetzt, doch der rasche Wandel der Branche erfordert, dass Händler ihre Herangehensweise verbessern. Die nächste Evolutionsstufe ist ein integrierter Prozess, der Daten zum Verbinden und Optimieren der Performance aller Geschäftsbereiche nutzt. Ob es um eine verbesserte Verfügbarkeit von Fertiggerichten während Stoßzeiten oder die Integration von RFID-Blockchain-Technologie in der Lieferkette geht: Integrierte Planungsprozesse bilden das Fundament, das es Händlern ermöglicht, Reibung an den Touchpoints in der Customer-Journey zu reduzieren – das gilt sowohl für traditionelle Herausforderungen als auch für Ziele, die im Moment noch futuristisch anmuten mögen.
Der gemeinsame Nenner zwischen traditionellen und futuristischen Herausforderungen eines reibungslosen Einkaufserlebnisses im Einzelhandel ist der Bedarf an leistungsstarker Datenanalytik. In den letzten Jahren war der Fortschritt auf dem Gebiet der Datenverarbeitungsleistung immens. So liefert die Kombination von Intraday-Verkaufsdaten mit Machine-Learning zum Beispiel Wetterprognostizierung, eine geschichtete Absatzprognose auf Filialebene und in Nahe-Echtzeit – auf einem Niveau, von dem Lebensmittelhändler vor zehn Jahren nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Mit Intraday-Daten verstehen und antizipieren Händler zudem die in einem Tagesprofil zu erkennenden Spitzen leichter: Das ermöglicht noch genauere Prognosen.
Diese Entwicklungen stellen eine große Chance dar, da ein einziger Datenstrom eine enorme Rendite einbringen kann. Absatzprognosen in Echtzeit bieten sowohl traditionellen Lebensmitteleinzelhändlern als auch Wegbereitern eines reibungslosen Einkaufserlebnisses wie Amazon Go die Transparenz und Planungssichtweite, um die Verfügbarkeit im Regal zu erhöhen und, falls nötig, mehrmals am Tag Bestände aufzufüllen.
Silos durch transparent geteilte Echtzeitdaten überwinden
Ein transparentes Teilen der Daten überwindet traditionelle Silos und reduziert somit auch Reibungspunkte, die über die Shoppererfahrung hinausgehen. Die Beziehung zwischen Lieferanten und Einzelhändlern galt beispielsweise lange als Nullsummenspiel, bei dem zwei Seiten im Widerspruch zueinander stehen. Werden jedoch Echtzeitdaten auf Filialebene transparent miteinander geteilt, ergibt sich eine neue Erfahrung der Zusammenarbeit: Diese resultiert in besseren Entscheidungen, von denen beide Seiten profitieren. Werden die Kenntnisse über Regal- und Lagerflächen geteilt – denn diese sind sowohl für die Nachfrage auf Filialebene als auch für die Lieferzeitpläne der Lieferanten relevant – stellen die Handelspartner sicher, dass Shopper bei ihrem Filialbesuch die richtigen Artikel am richtigen Platz zur richtigen Zeit vorfinden.
Dieselbe Datenanalytik hilft auch bei der Optimierung des Workforce-Managements. Absatzprognosen unterstützen akkurate Disposition, die wiederum die Personaleinsatzplanung erleichtert. Ein strukturierter Dispositionsprozess, der Flächen miteinbezieht, reduziert die Wege, die Mitarbeiter beim Warenverräumen zwischen Lager und Verkaufsfläche oder von Gang zu Gang zurücklegen und somit die dafür aufgewendete Zeit. Diese Zeit steht stattdessen für den Kundenservice zur Verfügung und macht die Shoppererfahrung so reibungslos wie möglich.
Letztendlich ist das Ziel des reibungslosen Einkaufserlebnisses eine Reduktion der Touchpoints und möglicher Irritationspunkte auf dem Weg des Produkts vom Lieferanten über den Händler bis zum Verbraucher. Diese Zielsetzung kann und sollte ein breites Spektrum an Unternehmensbereichen und Initiativen einbeziehen – sie kommt jedoch immer wieder auf den Ausgangspunkt zurück: Datengenauigkeit, Transparenz und die Zugänglichkeit innerhalb eines integrierten Prozesses.
Um diese und weitere Herausforderungen zu managen, haben wir einen Best-Practice-Guide für Supply-Chains im LEH erstellt. Dieser zeigt die wichtigsten Ansätze zur Erhöhung der Reaktionsfähigkeit und Effizienz der Lieferkette im Lebensmitteleinzelhandel.
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Dieser Artikel erschien ursprünglich in Winsight Grocery Business.