Pragmatische KI lässt Einzelhändler bessere Entscheidungen treffen

Feb 5, 2020 4 min

„Jetzt ist es offiziell – der Hype um künstliche Intelligenz ist durch die Decke gegangen“, erzählte unser CFO, nachdem er gerade ein Verkaufsgespräch eines Softwareanbieters für Kostenmanagement angehört hatte. In diesem hatte der Vertriebsmitarbeiter stolz verkündet, das System seines Unternehmens setze KI (künstliche Intelligenz) ein. Auf Nachfrage erklärte er, das System erinnere sich daran, welches Formular der User zuletzt verwendet habe und könne dieses Formular beim nächsten Einloggen erneut aufrufen.

Wow. Das ist wirklich… beeindruckend.

Im Moment erleben wir eine Art globalen Goldrausch, in dem unzählige Unternehmen verzweifelt versuchen, auf der KI-Erfolgswelle zu schwimmen. Das führt unweigerlich zu irreführenden Darstellungen – Enttäuschungen sind vorprogrammiert. Tatsächlich zeigt eine aktuelle Studie, dass 40 Prozent der europäischen KI-Startups eigentlich gar keine KI einsetzen. Global betrachtet, dürfte es ähnlich aussehen.

Dass es keine klare Definition von „KI“ gibt, macht die Lage nur noch komplizierter. Großzügig ausgelegt, lässt sich jedes intelligente Resultat als KI ansehen, das Computer auf irgendeine Weise aus den für sie verfügbaren Daten ziehen. Aber es gibt auch den sogenannten KI-Effekt, den Teslers Lehrsatz gut zusammenfasst: „KI ist alles, was noch nicht gemacht wurde.“ Beispielsweise wird optische Zeichenerkennung – heute eine Routinetechnologie – nicht länger als KI angesehen. Darüber hinaus sagen die Begriffe KI und Machine-Learning (ML) wenig darüber aus, wie simpel oder kompliziert die zugrundeliegenden Algorithmen sind. „Altmodische” statistische Analysen und Optimierungen können komplexer sein als Algorithmen, die als KI oder ML eingestuft werden.

KI ist Nebensache – Ergebnisse zählen

Gemeinsam mit meinen Kollegen bei RELEX versuche ich seit Jahren, Licht ins Dunkel zu bringen und darüber aufzuklären, was KI ist – und vor allem, was sie nicht ist. Wir sind stolz darauf, Vorreiter bei der ergebnisorientierten Anwendung von KI und Machine-Learning zu sein: Beides setzen wir so ein, dass wir maximalen Nutzen für die Geschäftsergebnisse unserer Kunden erzielen. Entsprechend viel lag uns immer daran, auch öffentlich zu kommunizieren, dass wir tatsächlich „echte“ KI nutzen und uns nicht dem allgemeinen Hype anschließen.

Wir sind stolz darauf, Vorreiter bei der ergebnisorientierten Anwendung von KI und ML zu sein: Beides setzen wir zum maximalen Nutzen für die Geschäftsergebnisse unserer Kunden ein.

Doch dann ging uns auf: Damit waren wir ebenfalls dem KI-Hype anheimgefallen. Tatsache ist: Es ist egal, mit welchem schicken Label Technologie angepriesen wird. Worauf es wirklich ankommt, ist:

  1. die am besten geeigneten Tools zu verwenden, um Daten in bessere Geschäftsentscheidungen zu verwandeln;
  2. dies konsequent und verlässlich zu tun, um die Milliarden von Entscheidungen zu unterstützen, die Einzelhändler treffen müssen;
  3. anhand der erzielten Resultate belegen zu können, dass diese Vorgehensweise die Geschäftsergebnisse verbessert.

Nach dieser Erkenntnis trafen wir eine praktische Entscheidung. Um zu beschreiben, was wir tun – nämlich Daten nutzen, um zu besseren Entscheidungen zu gelangen – führten wir den Begriff „pragmatische KI“ ein. Statt uns mit Diskussionen darüber aufzuhalten, wie ein bestimmter Algorithmus eingestuft werden soll, konzentrieren wir uns lieber auf unsere Kernkompetenzen: Wir entwickeln unsere Entscheidungstheorie-Toolbox weiter, während neue Daten, neue Methoden und höhere Rechenleistung verfügbar werden.

Pragmatische KI für Präzision und Automatisierung

Unser Werkzeugkasten der pragmatischen KI umfasst alle für den Einzelhandel nützlichen mathematischen Modelle. Wir kombinieren KI und Machine-Learning mit statistischer Modellierung, Optimierung, Simulierung und Klassifikation sowie Regeln und Heuristiken. Welcher KI-Ansatz der richtige ist, hängt von der Art des Problems, von den bereitgestellten Daten und der verfügbaren Datenverarbeitungsleistung ab.

Zwar sind Daten und Mathematik wirkungsvolle Instrumente, jedoch sind Computer noch nicht in der Lage, komplexe Planungsprozesse selbstständig durchzuführen. Besonders nicht in der turbulenten Welt des Einzelhandels. Deshalb achten wir darauf, dass wertvolle menschliche Expertise mit maximaler Wirkung eingesetzt wird. Aus diesem Grund machen wir die Entscheidungen des Computers für Anwender komplett transparent. Planern geben wir zudem Zugang zu leistungsfähigen, eingebetteten In-Memory-Analysen, um Daten schnell und einfach analysieren zu können. So können die Handelsexperten unserer Kunden Berechnungen und Ergebnisse je nach Bedarf ergänzen und verbessern.

Wie wir Entscheidungstheorie und pragmatische KI im Einzelhandel einsetzen, erklären wir in unserem Whitepaper genauer.

Ich gehe davon aus, dass KI in den kommenden Jahren allgegenwärtig sein wird – und damit so selbstverständlich, dass niemand mehr darüber reden wird. Stattdessen werden wir Technologie oft für schlauer – oder manchmal auch dümmer – halten, als sie es tatsächlich ist. Ich bin optimistisch, dass Unternehmen ihre Aufmerksamkeit bald wieder auf die Dinge richten werden, die wichtig sind: auf Produktivität, Nachhaltigkeit und darauf, wie wir diese Aspekte mit der Unterstützung intelligenter Technologie umsetzen können.

Beitrag von

Johanna Småros

Co-founder, Chief Sustainability Officer