S&OP für Konsumgüter optimieren – mit Demand-Shaping der nächsten Generation
May 8, 2023 • 8 minUnermüdlich arbeiten Sie, um Ihr Ziel zu erreichen. Doch Kräfte, die sich Ihrer Kontrolle entziehen, zwingen Sie, den mühsamen Prozess immer und immer wieder von vorne zu beginnen. Kommt Ihnen das bekommt vor? Dann sind Sie vielleicht Sisyphos aus der griechischen Mythologie, der dazu verdammt ist, bis in alle Ewigkeit unter Mühsal und Qualen einen Felsbrocken bergauf zu schieben. Wenn Sie nicht Sisyphos sind, arbeiten Sie wahrscheinlich im Supply-Chain-Bereich.
Die Absatz- und Vertriebsplanung (Sales & Operations Planning, S&OP) ist für Konsumgüterunternehmen selbst unter den besten wirtschaftlichen Bedingungen schwierig. Auf dem aktuellen Markt kommt sie jedoch gefühlt einer Sisyphos-Aufgabe gleich. Lieferanten kämpfen unentwegt, um unerwartete Materialknappheit, Produktengpässe und Lieferkettenprobleme zu überwinden und ihre Einzel- und Großhandelskunden zu beliefern. Diejenigen, die ihre ursprünglichen Prognosen erfüllen, stellen oft fest, dass die Kundennachfrage aufgrund veränderter Verbraucherpräferenzen plötzlich von der Prognose abweicht: So entsteht ein Missverhältnis zwischen dem verfügbaren Angebot und der erwarteten Nachfrage.
Anders als der bedauernswerte Sisyphos sind Konsumgüterhersteller jedoch nicht auf Gedeih und Verderb den Launen der Götter oder äußerer Kräfte ausgeliefert – sie können mehr, als nur reagieren: Lieferanten können die Kundennachfrage schnell, effektiv und durch Zusammenarbeit beeinflussen, um das vorhandene Angebot mit Hilfe von Demand-Shaping-Strategien und -Taktiken besser abzustimmen. Mit Demand-Shaping-Technologie lässt sich das Supply-Chain-Chaos in den Griff bekommen, der Weg zur Rentabilität ebnen und der ewige Kampf mit dem Felsbrocken bewältigen.
Was ist Demand-Shaping?
Demand-Shaping (die Gestaltung der Nachfrage) bezieht sich auf die kollektiven Versuche eines Unternehmens, die Kundennachfrage nach bestimmten Produkten zu beeinflussen. Unternehmen nutzen Demand-Shaping, um Ungleichgewichte von Angebot und Nachfrage auszugleichen. Überbestände eines Produkts können als Anlass dienen, eine Werbeaktion durchzuführen und gezielte Verkaufsanreize zu schaffen. Ist das ursprüngliche präferierte Produkt eines Kunden dagegen von Störungen in der Lieferkette oder Engpässen betroffen, können vorübergehende Preisnachlässe gewährt werden, um die Nachfrage nach einem anderen, reichlich verfügbaren Produkt anzuheizen.
Erfolgreiches Demand-Shaping erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Abteilungen, vom Marketing über den Vertrieb bis zu den operativen Teams. Man kann eine Werbekampagne durchführen oder ein Produkt auslisten, nur um die Gewinnspanne zu verbessern. Demand-Shaping geht jedoch weiter: Mit denselben Taktiken beheben Unternehmen Diskrepanzen von Angebot und Nachfrage und steigern so ihre Einnahmen.
Insbesondere Konsumgüterunternehmen profitieren von einem S&OP-Prozess, der die Vorteile von Demand-Shaping nutzt. Schnelldrehende Konsumgüter (FMCG) haben oft eine kurze Haltbarkeitsdauer oder sind leicht verderblich. Demand-Shaping lässt sich einsetzen, um die Bestände niedrig zu halten und sowohl physische als auch finanzielle Verschwendung zu reduzieren, selbst wenn es zu Lieferunterbrechungen und Nachfrageschwankungen kommt.
Die effektivsten Demand-Shaping-Taktiken für die kurz- und langfristige Nachfrage
Unternehmen, die ihre S&OP-Prozesse mit Hilfe von Demand-Shaping stärken wollen, können aus einer Vielzahl von Taktiken wählen. Einige dieser Methoden beeinflussen die Nachfrage kurzfristig, während andere über einen längeren Zeitraum zum Tragen kommen.
Kurzfristige Taktiken
Wenn es darum geht, die Verbrauchernachfrage unmittelbar zu beeinflussen, können Konsumgüterunternehmen viele Hebel in Bewegung setzen. Zu den wirksamsten Methoden gehören:
- Preisgestaltung. Senken Sie vorübergehend die Preise für bestimmte Produkte, um den Umsatz zu steigern und die Lagerbestände zu senken. Nutzen Sie Preisänderungen, um bei Knappheit den Kauf eines Produkts gegenüber einem anderen zu fördern: Ein Beispiel wäre das Gewähren von Preisnachlässen für in Flaschen abgefüllte Getränke, um die Nachfrage nach Aluminiumdosen zu senken.
- Kampagnen im Handel. Arbeiten Sie mit Einzelhändlern zusammen, um in den Filialen Werbekampagnen durchzuführen, die die Aufmerksamkeit auf bestimmte Produkte lenken –, insbesondere auf solche, die als Alternative zu von Verknappung betroffenen Waren dienen könnten. Beispiele hierfür sind Filial-Displays, Produkt-Vorführungen oder -Verkostungen vor Ort oder aufmerksamkeitsstarke Aktionen wie Coupons oder „Zwei zum Preis von einem“-Angebote.
- Verkaufsanreize. Passen Sie Boni, Provisionssätze oder andere Anreize für Handelsvertreter oder Lieferanten an, um die Nachfrage indirekt zu beeinflussen. Erhöhen Sie diese Anreize, um mehr von einem bestimmten Produkt abzusetzen, und fahren Sie sie angesichts erwarteter Engpässe zurück.
- Kanalspezifische Sortimentspriorisierung. Beeinflussen Sie die Sortimentsauswahl pro Kanal, um die Verbrauchernachfrage zu beeinflussen. Unternehmen können alternativen Produkten in bestimmten Kanälen Vorrang einräumen, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher von knappen Produkten wegzulenken.
Kurzfristige Taktiken sind unverzichtbar, da sie es Konsumgüterunternehmen ermöglichen, die Nachfrage innerhalb von Wochen (statt Monaten) zu beeinflussen –, das ist insbesondere für Unternehmen wichtig, die häufig Produkte verkaufen, die schnell verderben oder ablaufen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer engen und offenen Zusammenarbeit, wenn es darum geht, Einführungszeiträume zu verkürzen und die Wirksamkeit kurzfristiger Demand-Shaping-Maßnahmen zu maximieren.
Langfristige Taktiken
Wirklich effektive S&OP-Prozesse blicken über die unmittelbaren Herausforderungen hinaus und legen den Grundstein für mindestens die nächsten 18 Monate. Dies erfordert Demand-Shaping-Taktiken, die die Nachfrage über einen längeren Zeitraum beeinflussen, einschließlich:
- Neue Produktentwicklungen und Änderungen an bestehenden Produkten. Entwickeln Sie Produkte aus Materialien, die reichlich zur Verfügung stehen. Die neuen Produkte können als Ersatz für bestehende Produkte dienen, die von Engpässen in der Lieferkette betroffen sind. Eine alternative Taktik besteht darin, die Spezifikationen eines bestehenden Produkts zu ändern, um Verknappungsprobleme zu vermeiden und gleichzeitig das Interesse der Verbraucher zu wecken. Dazu gehören Änderungen der Verpackung, der Materialien oder sogar der Rezepturen von Lebensmitteln und Getränken.
- Änderungen im Vertrieb. Erwägen Sie die Eröffnung oder Ausweitung neuer Vertriebskanäle. Die Pandemie und andere Störungen haben das Wachstum von Kanälen wie E-Commerce, Direct-to-Consumer (DTC) und Quick-Commerce noch beschleunigt. Unternehmen können bestimmte Produkte in diesen Kanälen auf den Markt bringen und hervorheben, um die Nachfrage nach Waren zu steigern, die besser verfügbar sind.
Die Bezeichnung „langfristig“ kann hier irreführend sein: Ein neues Produkt oder eine Änderung am Vertrieb kann die Nachfrage sehr schnell stark beeinflussen. Unterscheidungsmerkmal zu den kurzfristigen Methoden ist hier weniger die Wirkung als der Zeitaufwand für Marktforschung, Planung und Entwicklungsphasen.
Drei Must-Have-Funktionen für effektives Demand-Shaping
Demand-Shaping bietet Vorteile, die nicht zu übersehen sind: Es spart Kosten, reduziert Abfall und optimiert die Lieferkette. Doch wenn S&OP für Konsumgüter auf so grundlegende Weise von Demand-Shaping abhängt, warum nutzt es dann nicht jeder?
Häufig fehlt es an der geeigneten Technologie. Die Planungssysteme der meisten Lieferanten sind nicht in der Lage, die komplexen Berechnungen durchzuführen, die zur Erkennung plötzlicher Nachfrageverschiebungen erforderlich sind. Zudem zögern die Lieferanten verständlicherweise, Ressourcen und Arbeitsaufwand in Demand-Shaping zu investieren, wenn sie dessen potenziellen Nutzen in der Praxis nicht genau beziffern können.
Die besten modernen Supply-Chain-Plattformen sind mit Funktionen ausgestattet, die speziell auf diese Probleme ausgerichtet sind. Diese sorgen für mehr Prozesstransparenz für alle beteiligten Akteure.
Es gibt drei wichtige Funktionen, auf die Konsumgüterunternehmen bei einer Demand-Shaping-Lösung keinesfalls verzichten sollten:
1. Demand-Sensing und Machine-Learning
Um die Nachfrage gestalten zu können, müssen Sie erst einmal in der Lage sein, sie zu messen. Eine gute Demand-Shaping-Software bietet Ihnen auch Demand-Sensing-Funktionen. Demand-Sensing kombiniert die internen Daten des Lieferanten zu Nachbestellungen und historische Daten mit den POS-Daten des Einzelhändlers sowie externen Datenquellen, um hochpräzise Absatzprognosen zu erstellen und anzupassen.
Um diesen hohen Grad der Präzision im Demand-Sensing und der Absatzprognostizierung zu erreichen, bedarf es einer KI-gestützten Plattform mit Machine-Learning-Funktionen. Eine Software mit maschinellem Lernen erkennt Nachfrageänderungen schneller und genauer, als es Menschen je möglich wäre. Zudem speichert das System jede gewonnene Erkenntnis und reduziert so dauerhaft die sich wiederholende Routinearbeit, die die Supply-Chain-Planer zu leisten haben.
Lesen Sie weiter: Absatzplanung für Konsumgüterhersteller: Wer Machine-Learning und Handelsdaten nutzt, ist klar im Vorteil
Die Demand-Sensing-Prognosen zeigen die aktuelle, als Grundlage dienende Verbrauchernachfrage und helfen den Planern, plötzliche Veränderungen dieser Nachfrage zu erkennen. Das hilft Lieferanten, die Auswirkungen von Preisänderungen im Einzelhandel, Kampagnen und Produktersetzungen auf die Verbraucher zu bewerten und besser zu verstehen. Demand-Sensing zeigt ihnen auch, ob Demand-Shaping-Maßnahmen überhaupt notwendig sind, und empfiehlt den Stakeholdern die beste Taktik zur Abstimmung des prognostizierten Angebots mit der erwarteten Nachfrage.
Lesen Sie weiter: Wie Konsumgütermarken mit Demand-Sensing das Supply-Chain-Chaos bezwingen
2. Digitaler Zwilling der Lieferkette
Der digitale Supply-Chain-Zwilling ist eine Software, die die physische Lieferkette als digitales Modell im Detail abbildet. So bietet der digitale Zwilling kontinuierliche Transparenz darüber, wie sich Nachfrage und Geschäftsentscheidungen auf Kapazitäts- und Ressourcenanforderungen, Lieferungen und Warenflüsse sowie Bestände und Verderb auswirken. Man kann ihn sich als eine hochentwickelte Simulation der gesamten Lieferkette eines Unternehmens vorstellen, die täglich Datenaktualisierungen aus zahlreichen Quellen erhält und zeigt, wie Waren und Informationen innerhalb dieses Systems fließen.
Funktionen wie die Szenario-Planung und Was-wäre-wenn-Analysen bieten die Möglichkeit, die Auswirkungen von Demand-Shaping-Taktiken zu testen, bevor das Unternehmen sie in der realen Welt anwendet. Der digitale Zwilling wird benötigt, um die Auswirkungen dieser kommerziellen Entscheidungen auf den Bestands-, Ressourcen- und Kapazitätsbedarf des Unternehmens aufzuzeigen. So können Entscheidungen getroffen werden, die zu einem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage führen.
3. Benutzerspezifische Ansichten
Benutzerspezifische Ansichten sind entscheidend, um eine breite Akzeptanz für eine Software im Unternehmen zu gewinnen. Demand-Shaping-Software bietet wertvolle Erkenntnisse für verschiedene Teams und Abteilungen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass all die Vertriebsteams, Planer oder Betriebsleiter vielbeschäftigt und kaum erpicht darauf sind, langfristig eine Plattform zu nutzen, bei der sie Zeit und Mühe darauf verwenden, nur um an die für ihre Arbeit relevanten Daten zu gelangen. Es gilt also, allen Stakeholdern zu zeigen, wie sie die Software sinnvoll nutzen können.
Die besten Supply-Chain-Management-Lösungen ermöglichen es den Benutzern, Ansichten zu konfigurieren, die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind: Somit sind sie nicht gezwungen, irrelevante Daten zu durchsuchen, was es viel wahrscheinlicher macht, dass sie die Plattform konsequent nutzen. Ein Vertriebsmitarbeiter wird andere Datensätze einsehen wollen als ein Supply-Chain-Planer und möchte sich nicht durch riesige Datenmengen wühlen, um diese zu finden. Wird die Software breit und konsequent durch die Mitarbeiter genutzt, verbessert dies die Zusammenarbeit und Kommunikation im ganzen Unternehmen: So kann das gesamte Unternehmen auf der Grundlage derselben Informationen gezielte Geschäftsentscheidungen treffen.
Die Nachfrage lenken – und sie dann bedienen
Gelingt es einem Unternehmen, die Nachfrage effektiv an sein Angebot anzupassen, schafft es damit eine kostengünstigere und nachhaltigere Lieferkette. Das gleiche Unternehmen wird diese Vorteile jedoch nicht nutzen können, ohne in Prozesse zu investieren, die seine Produkte über die richtigen Kanäle zu den richtigen Kunden bringen – und das innerhalb des richtigen Zeitrahmens. Ohne eine offene Zusammenarbeit zwischen der Lieferkette, den kaufmännischen Abteilungen und den Finanzabteilungen werden Unternehmen ihre Ziele bei der Optimierung der Lieferkette nur schwer erreichen.
RELEX versetzt Hersteller in die Lage, die Nachfrage zu erkennen, sie zu gestalten und letztendlich zu erfüllen. KI-gestütztes maschinelles Lernen ermöglicht es unseren Kunden aus der Konsumgüterindustrie, eine schwankende Kundennachfrage zu erkennen und darauf mit hochpräzisen Prognosen und automatisiertem Nachschub zu reagieren. RELEX kombiniert komplexe Funktionen mit einfacher, benutzerfreundlicher Bedienung und ermöglicht es Unternehmen, verschiedene Teams auf eine langfristige S&OP auszurichten: So arbeitet das Unternehmen ganzheitlich und mit vereinten Kräften am Erreichen der Geschäftsziele.
Auch in der gegenwärtigen Phase der Disruption ist die Nachfrage für Sie gestaltbar. Bringen Sie Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht.
Dieser Beitrag ist der dritte einer vierteiligen Serie, die sich darauf konzentriert, Herstellern von Konsumgütern einen Leitfaden für die Bewältigung der derzeitigen globalen Marktveränderungen zu bieten. Im ersten Artikel ging es darum, die Supply-Chain für Schnelldreher zu managen, während der zweite sich dem Demand-Sensing widmete.