ALDI Nord nimmt ausgesuchte Digital-Bausteine
Dec 1, 2021 • 4 minDieser Artikel von Jörg Rode wurde ursprünglich am 26.11.2021 in der Lebensmittel Zeitung veröffentlicht (Copyright Deutscher Fachverlag GmbH)
Aldi Nord führt als Teil seines großen Transformationsprozesses europaweit elektronische Regalpreis-Etiketten ein und baut eine Kombination von Auto-Dispo und Regal-Planung auf. Das laufende IT-Modernisierung-Projekt des Discounters umfasst mehr als ein halbes Dutzend weiterer Systeme. Hier ein Überblick.
Aldi Nord will deutlich effizienter werden und gleichzeitig im stationären Geschäft besser auf die sich immer schneller ändernden Interessen der Verbraucher eingehen. Dafür legt sich der Filialist viele neue Lösungen zu. Die sind bereits weit gediehen und teilweise sogar live. Insgesamt investiert der europaweit tätige Konzern dafür in einem Drei-Jahres-Zeitraum einen hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag.
Der Discounter wird die neuen IT-Lösungen als Werkzeug nutzen, um etliche vorab definierte End-to-End-Geschäftsprozesse zu optimieren, erklärt Sinanudin Omerhodzic, CTO (Chief Technology Officer) von Aldi Nord. Die wichtigsten neuen Lösungen sind:
- Bis Ende 2023 Rollout von Elektronischen Regalpreis-Etiketten in allen neun Ländern, in denen Aldi Nord aktiv ist.
- Einführung der Auto-Dispo-Software von Relex – integriert mit der Regalplanung ebenfalls von Relex.
- Eine moderne Analytics-Lösung mit einem Data Lake als Basis.
- Die neueste Version der Kassen-Software von GK.
- Das Einkaufssystem SAP-Ariba.
- Task-Management auf Tablet-Computern für die Filialleiter und ihre Vertreter.
- Die Buchhaltungs-Lösung SAP Financials.
- Cloud-Computing, konkret auch geschäftskritische Systeme auf der Cloud Azure von Microsoft.
- Als Sahnehäubchen kommt 2022 noch ein kassenloser Laden mit Computer Vision-Technologie dazu – im niederländischen Utrecht.
Aldi Nord geht auf die digitale Überholspur
Die Modernisierung ist ein Überholvorgang: IT-mäßig lag Aldi Nord weit hinter anderen Händlern, jetzt legt der Discounter sich die besten zur Zeit verfügbaren Systeme zu. So arbeitete er etwa bisher ohne Standard-Finanzsoftware und führt jetzt im Rahmen der Transformation mit S/4 Hana gleich die neueste Version von SAP Financials ein. Sie läuft bereits in der Testregion Schloss Holte in Deutschland.
Auch bei Abverkaufsprognosen und Auto-Dispo nimmt der Filialist die nach Aussagen anderer Anwender beste Lösung, die es derzeit für den LEH und insbesondere Frischware gibt: Relex. Das System mit Künstlicher Intelligenz (KI) in Form von Machine Learning dürfte Aldi helfen, die Filialbestände und vor allem den Verderb von Obst und Gemüse zu reduzieren, ohne Regallücken zu riskieren. Die Software verspricht auch eine bessere Verteilung von Nonfood-Aktionsware im Filialnetz.
Omerhodzic spricht von einem “komplett neuen Level der Automatisierung”, den das Unternehmen mit der Auto-Dispo erreiche. Eine erste Pilotregion in den Niederlanden mit rund 80 Läden ist bereits seit zwei Monaten live und hilft, das System für den Rollout in allen Ländern zu optimieren. Der Discounter wird als einer der ersten Händler weltweit die Auto-Dispo integriert mit dem Flächen- und Regalplanungssystem von Relex einsetzen. Damit kann man zum Beispiel die Facings im Regal nach dem Abverkauf des betreffenden Artikels in der jeweiligen Filiale verändern.
Für Relex als Newcomer auf dem Weltmarkt für Retail-Prognose-Systeme ist die Entscheidung von Aldi Nord ein weiterer Schub nach vorne: Es ist nach Lidl der zweite aus den Top-10 des europäischen LEH, der Relex einführt. Nutzer in Deutschland sind auch Rossmann, Douglas, Bünting und Lekkerland. Die Entscheidung von Aldi Nord ist ein Schlag für SAP, weil der Handelskonzern die erst vor wenigen Jahren eingeführt Auto-Dispo SAP F&R durch Relex ersetzt. Zufrieden sind die Essener aber mit der vor fünf Jahren implementierten Warenwirtschaft von SAP.
Data Lake & Co. für Daten-getriebene Entscheidungen
Ein ganz wichtiges Element der digitalen Aufrüstung ist der laufende Bau eines zeitgemäßen Analytics-Systems. Als Basis dafür hat sich Aldi Nord bereits einen Data Lake zugelegt. “Wir wollen Daten-getriebene Entscheidungen fällen”, beschreibt Omerhodzic das Ziel von Aldi bezogen auf dieAnalytics-Software, aber auch auf die KI-getriebene Auto-Dispo und andere neue IT-Lösungen.
Weit vorne spielt Aldi Nord demnächst auch in der Cloud-Liga. Sowohl das bereits in der Hälfte der Länder produktive Kassen-System GK OmniPOS als auch Relex laufen als geschäftskritische Systeme in der Cloud. Für SAP Retail prüft Aldi eine Migration. “Cloud first – but not only”, lautet das Prinzip von Omerhodzic. Dabei hat sich der Discounter für Microsofts Cloud Azure entschieden. Hier geht Aldi Nord mit einem der drei Cloud-Weltmarktführer einen anderen Weg als die SchwarzGruppe, die ihre eigene Cloud aufbaut und dafür mehrere hundert Millionen Euro investiert.
Omerhodzic nennt Microsoft den “strategischen Technologie-Partner” für den Cloud-Einsatz. Strategische Technologie-Partner sind auch Accenture als zentraler Transformations-Berater von Aldi sowie GK und Relex in jeweils ihren Themen.