Mehr Effizienz durch besseres Ausnahmemanagement im Bestellprozess: priorisieren – automatisieren – handeln

Jan 5, 2012 5 min

Häufig erwartet man von einem neuen Bestellsystem, dass es alle Probleme löst und in allen Situationen automatisch funktioniert. Und wenn dem nicht so ist, ist man enttäuscht. Es kann auch sein, dass man dem System überhaupt nicht traut. In diesem Fall verschlingt das Überprüfen der Bestellungen sogar noch mehr Zeit als zuvor. Dadurch verliert man natürlich einen Großteil des Nutzens, den das neue System bringen könnte.

Ein gutes Bestellsystem ist in der Lage, verschiedene Ausnahmesituationen wie Kampagnen und Saisonangebote zu berücksichtigen. In der Praxis tauchen dennoch ständig solche Situationen auf, in denen das Wissen von Fachleuten gefragt ist. Der Absatz von neuen Produkten lässt sich kaum vorhersagen und der Verkauf von Kampagnenprodukten nur schwer einschätzen, oder die Saisonspitze verschiebt sich gegenüber dem Vorjahr um ein paar Wochen. Oft rührt das von externen Faktoren her, wie vom Wetter, von Aktionen der Konkurrenz oder von der Konjunktur. Außerdem kommt es leider bei der Behandlung großer Produktmengen immer noch zu Fehlern bei der Datenverarbeitung, auf die man rechtzeitig reagieren muss.

Mit einem effizienten Ausnahmemanagement-Prozess kann man sicherstellen, dass die für die Bestellvorgänge aufgewandte Zeit effektiv genutzt wird und dass sie auf das Management der wichtigsten Produkte und Situationen ausgerichtet bleibt: auf neue Produkte, auf Kampagnenprodukte und auf die hinsichtlich Stückzahl oder Wert größten Bestellpositionen – je nach den Bedürfnissen des Unternehmens sowie den Charakteristika der Produkte und Branchen. Die meisten Produkte bedürfen keineswegs ständiger Aufmerksamkeit, und man kann es zulassen (und sollte es auch), dass automatisch für Nachschub gesorgt wird. Zudem sollte man sich dessen bewusst sein, dass nicht alle Produkte gleich wichtig sind. Für die weniger wichtigen Produkte sollte man nicht so viel Zeit aufwenden.

Es lohnt sich, das Ausnahmemanagement auch auf außerhalb des Bestellvorgangs zu erweitern. Mittels guter Werkzeuge kann man zum Beispiel die Liefersicherheit der Lieferanten effektiv überwachen und auf Bestellungsverspätungen rasch reagieren, sowie ladenspezifische Sortimente ständig weiterentwickeln, indem man Ladenhüter aussortiert. Oder man kann die Regalverfügbarkeit verbessern, indem man die Verfügbarkeitsprobleme regelmäßig überprüft.

Das Ausnahmemanagement lässt sich also mit den folgenden Mitteln verbessern:

1. Konzentrieren Sie sich auf die wichtigsten Ausnahmen

Es ist leicht, eine lange Liste mit verschiedenen Problemsituationen aufzustellen. Aber wenn man zu viele Ausnahmen verfolgt, so führt das meist dazu, dass man sich auf kein Problem so richtig konzentrieren kann und nur Zeit verschwendet. Sinnvoller ist es, einige für die Geschäftstätigkeit kritische Dinge auszuwählen, auf die man reagieren muss, und sich anfangs nur auf diese zu konzentrieren.
Wenn die Problemschwerpunkte des Unternehmens zum Beispiel in den hohen Lagerbeständen und im langsamen Lagerumschlag liegen, so sollte man sich anfangs auf die Auflösung des veralteten Lagerbestandes konzentrieren und sich die Feinjustierung der Regalverfügbarkeit für später aufheben.

2. Bestimmen Sie die Maßnahme für jede Ausnahme

Das Ausnahmemanagement unterscheidet sich vom normalen Berichterstatten dadurch, dass Ausnahmen stets behebende Maßnahmen nach sich ziehen sollten. Durch die ständige Verfolgung der Regalverfügbarkeit, der Prognosegenauigkeit und des veralteten Lagerbestandes allein verbessern sich diese Kennzahlen noch nicht, aber indem man genau festlegt, welche Maßnahmen auf welche Ausnahmen folgen, kann man die Arbeit effizient organisieren und erhebliche Verbesserungen erreichen.

So kann man beispielweise ein veraltete Waren im Laden loswerden, indem man es mit Rabatt verkauft oder es in solchen Läden anbietet, wo die Ware noch geht. Zugleich sollte man die Aktualität des Sortiments überprüfen und sicherstellen, dass nicht noch mehr solche Waren angeliefert werden. Die richtige Lösung hängt von der Branche, dem Produkt und der Situation ab.

3. Automatisieren Sie das, was sich automatisieren lässt

Viele Maßnahmen, die mit Ausnahmen zusammenhängen, sind jedes Mal recht geradlinig und gleichartig, und sie lassen sich zumindest teilweise automatisieren. Eine bestimmte Ausnahme führt zu bestimmten Maßnahmevorschlägen, die von der verantwortlichen Person akzeptiert werden. Auf diese Weise kann man die Arbeit effektiver gestalten und sich auf schwierigere Fälle konzentrieren, die nicht automatisiert werden können.

Im Falle eines toten Lagerbestandes kann man beispielweise ganz einfach die Bedingung aufstellen, dass wenn von dem fraglichen Produkt innerhalb von mehr als sechs Monaten in einem bestimmten Laden kein einziges Stück verkauft worden ist, das Produkt aus der Liste der automatischen Bestellvorschläge gestrichen wird.

4. Stellen Sie sicher, dass die Zahl der Ausnahmen angemessen bleibt

Ein häufiges Problem bei der Einführung eines effizienten Ausnahmemanagementprozesses ist die unkontrollierbare Anzahl der Ausnahmen. So kann es zum Beispiel pro Laden Hunderte von Produkten mit Nullsaldo geben, und wenn ein Mitarbeiter, der für die Bestellungen verantwortlich ist, etwa für zehn Läden zuständig ist, kann die Zahl solcher Produkte plötzlich leicht auf mehrere tausend anwachsen, wobei man in der Praxis kaum noch etwas Konkretes tun kann.

Die Menge der zu behandelnden Produkte muss realistisch und beherrschbar sein. Wenn ein als wichtig empfundenes Ausnahmekriterium – zum Beispiel tote Ware, die sich nicht mehr verkauft, aber die dennoch weiterhin in den Salden erscheint – zu viele zu bearbeitende Produkte ergibt, so muss man diese Ausnahme durch zusätzliche Kriterien einschränken. Zum Beispiel kann man anfangs nur die teuersten, am meisten Kapital bindenden Produkte behandeln, oder man beginnt den Abbau des toten Lagers bei den Produkten mit dem schlechtesten Umschlag, und zwar in der Weise, dass man sich pro Tag nur eine bestimmte Menge solcher Produkte vornimmt.

5. Entwickeln Sie die zu behandelnden Ausnahmen ständig weiter

Im Zuge einer regelmäßigen Behandlung von Ausnahmen entwickelt sich der Prozess weiter und gestaltet sich effektiver, wonach die Zahl der Ausnahmen abnimmt. In dieser Phase sollte man sich jedoch nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, sondern neue Ausnahmen festsetzen oder die Behandlung der alten Ausnahmen ausweiten. Auf diese Weise gewährleistet man eine ständige Weiterentwicklung.

In der anfänglichen Begeisterung versucht man häufig, sofort alle möglichen Ausnahmen zu definieren und die entsprechenden Maßnahmen zu bestimmen. Das gelingt nur selten. Keiner hat mehr das Endergebnis unter Kontrolle, und nichts garantiert dafür, dass man gleich zu Anfang alle wirklich wesentlichen Ausnahmen erfasst. Aus dem Ausnahmemanagement und seiner Weiterentwicklung sollte man daher einen ständigen, in natürlicher Weise fortschreitenden Prozess gestalten.

Beim Abbau eines toten Lagerbestandes kann man beispielsweise bei solchen Produkten beginnen, deren Kapitalbindungsdauer bei über 180 Tagen liegt. Indem man solche Produkte ständig aus den Läden entfernt und zugleich durch das Sortimentsmanagement sicherstellt, dass sie nicht mehr bestellt werden, wird die Zahl der Ausnahmen zwangsläufig kleiner. Als einen weiteren Schritt kann dann die Kapitalbindungsdauergrenze auf sagen wir 120 Tage herabgesetzt oder der Fokus auf Verfügbarkeitsprobleme gelegt werden.

Vermeiden Sie Probleme schon im Voraus

Bei einem normalen Ausnahmemanagementprozess konzentriert man sich leicht auf Dinge, die schon passiert sind. Probleme mit der Regalverfügbarkeit bemerkt man erst dann, wenn das Produkt ausverkauft ist, und ein totes Produkt wird erst dann zu einem Problem, wenn sich die Produkte über eine lange Zeit hinweg nicht mehr verkaufen. Derartigen Ausnahmen kann man jedoch auch schon im Voraus begegnen, wodurch sich im besten Fall das Problem fast ganz vermeiden lässt. Der Arbeitsaufwand wird dadurch nicht größer, sondern die Arbeit verlagert sich: Statt Klärungen im Nachhinein anzustellen, handelt man präventiv. Dies verlangt jedoch die Unterstützung durch geeignete Werkzeuge, mit denen man sich die einschlägigen Ausnahmen leicht zur Behandlung vornehmen kann.

So kann man sich in einigen Fällen Probleme mit der Verfügbarkeit schon im Voraus vornehmen. Wenn ein bestimmtes Produkt normalerweise einmal pro Woche geliefert wird, so kann man in der Zeit zwischen den Lieferungen verfolgen, ob das Produkt bis zur nächsten Lieferung ausreichen wird, sofern der Verkauf der Prognose entspricht. Wenn es wegen einer überraschenden Nachfragespitze so aussieht, dass das Produkt nicht ausreicht, kann man in bestimmten Fällen abweichend vom normalen Lieferrhythmus mehr bestellen und damit leere Regale vermeiden. Es lohnt sich sicherlich nicht bei allen Produkten, so zu verfahren, aber bei den wichtigsten A-Produkten sollte man schon sicherstellen, dass die Regale nie leer sind.

Beitrag von

Tommi Ylinen

Chief Product Officer